Der Chip im Puck: Licht und Schatten?
Umfangreichere Daten, mehr Statistiken, schönere Visualisierungen, mehr Service am Fan: Das sind die Ziele, die mit dem nächsten großen Digitalisierungsschritt der DEL erreicht werden sollen. „Puck- und Spielertracking“ durch Chips in Puck und Schulterpolster sind dafür notwendig. Doch in der Praxis ergeben sich offenbar nicht nur Vorteile. Mirko Pantkowski hat möglicherweise gestern eine der Kehrseiten kennengelernt.
Liebgewonnene Rituale müssen weichen
Die für die meisten Fans wohl auffälligste Änderung, die das seit dieser Saison eingesetzte Tracking mit sich brachte, betrifft die aus dem Spielfeld geflogenen Pucks. In die Spielpucks wurden vor der Saison Chips implementiert – und jedem Club steht nur eine bestimmte Anzahl Pucks zur Verfügung.
Traditionelle Rituale, wie etwa, dass Spieler Kindern im Publikum Pucks zuwarfen oder Fans, die aus dem Spielfeld geflogenen Scheiben behalten durften, können daher nicht mehr weiterleben. Eingeführt wurde dafür der „offizielle DEL-Tauschpuck“, den man im Austausch für den gefangenen Spielpuck als Souvenir mitnehmen darf.
Datenströme für Fans und Coaches
Den Nutzen, den die Technologie von „Wisehockey“ für die Entwicklung des Eishockeysports in Deutschland hat, kriegen Fans der Haie im Moment vor allem in aufbereiteter Form in den sozialen Medien zu Gesicht. Dort wird seit Saisonbeginn zum Beispiel der schnellste Antritt, die längste gelaufene Distanz, die längste Zeitdauer oder die gelaufenen Meter eines Haie-Spielers unter Puckkontrolle gelistet.
Bei der schieren Dimension der erhobenen Daten erscheint dieses kleine Auswertungsfenster geradezu wie ein Randprodukt. Was an Mehrwert für Fans noch möglich ist, zeigten zum Beispiel die Tampa Bay Lightning während der letzten Stanley-Cup-Finals, als sie das Spiel während eines Public Viewings in Echtzeit virtuell und via Videowürfen übertrugen. Mit Sicherheit steht die Aufbereitung und Nutzung der Daten im Sinne des Fan-Services gerade erst am Anfang.
Statistiken auf einem neuen Niveau
Den größten Nutzen der Technologie haben zurzeit wahrscheinlich die Coaches der Mannschaften. Die Cheftrainer werden unterstützt von der Arbeit der Co-Trainer, die oft unmittelbar nach jedem Spiel Videomaterial analysieren, schneiden und zur Nachbesprechung aufbereiten. Die digitale Unterstützung eröffnet vermutlich einen Quantensprung in der Analyse.
Die hochgenaue Erfassung aller Bewegungen auf dem Eis macht auch eine andere Änderung wahrscheinlich: Die Abschaffung der Statistiker, die bisher alle Daten des Spiels erfassen. Es wird sich zeigen, ob das Computersystem die Spezifika des Regelwerks ebenso gut abbilden kann, wie der Mensch. Haie-Fans erinnern sich an KEC-Trainer Bill Stewart, der mit den Haie-Statistikern in die Diskussion hinsichtlich der Schussstatistik ging und – von der Komplexität des Regelwerks beeindruckt – zurückrudern musste.
Auswirkungen auf den Puck
Aber auch die Spieler könnten mit unerwarteten Auswirkungen konfrontiert sein: Den möglicherweise deutlich schlechteren Spieleigenschaften des neuen Pucks.
Es war sicherlich eine der einprägsamsten Szenen des Spiels gegen die Eisbären Berlin: Den von Berlin notdürftig aus der neutralen Zone gespielten Puck wollte Mirko Pantkowski rechts am Tor vorbei gleiten lassen. Dabei sprang ihm die Scheibe vom Schläger über den Schoner – es war die hoch-unglückliche 2:1-Führung für Berlin.
Nach dem Spiel von Presseverstretern auf die konkrete Szene und das „Eigenleben des Pucks in dieser Saison“ angesprochen, machte Maxi Kammerer das Handling des neuen Pucks generell zum Thema (Videointerview, ca. 6. Minute). Er merkte an, dass man „mittlerweile öfter (hört), dass die Scheibe viel rumspringt. Man hat es gemerkt in den letzten Spielen. Ich fand das vor allem in Düsseldorf extrem, wie die Scheibe springt.“
Kammerer führt weiter aus: „Ich glaube, da muss man sich irgendwas einfallen lassen. Das ist nicht normal. Ich glaube, da leidet auch das Spiel drunter. Das ist natürlich für einen Spieler nicht schön, wenn die Scheibe so verspringt. Ich glaube auch, dass das dem Spiel nicht guttut.“
Pantkowski selbst spielte die Szene nach dem Spiel herunter und sprach von einem „kleinen Reifenplatzer“. Er selber spricht den Puck als Ursache auch gar nicht an.
Es wird spannend sein zu beobachten, ob es sich bei der Kritik am neuen Puck um einen Einzelfall handelt oder ob aus den Reihen der Spieler wiederholt und verstärkt Kritik am Spielgerät geäußert werden wird.
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