Kölner Haie setzen mit „digitalem Spieltag“ erstmals hybriden Spielplan um
April, April! Wie ihr sicherlich gemerkt habt, war der Artikel der Aprilscherz für das Jahr 2023. Es gibt Stand heute keinen Vertrag der Kölner Haie mit der LANXESS arena für die kommende Spielzeit – dass die Spiele auf der Konsole entschieden werden, ist aber unwahrscheinlich. 😉
Zum Nachlesen hier die April-Scherze der letzten Jahre:
2022: KEC erweitert „Team hinter der Bande“ um ehemalige Trainer
2019: DEL stellt KI-gestützten „SOOB“-Disziplinarausschuss vor
2018: Die Kölner Haie gehen mit Trikots im NHL-Design in die neue Saison
2016: Fielmann neuer DEL-Hauptsponsor
Der KEC hat seine Lehren aus der vergangenen Spielzeit gezogen: Um erneut gravierenden Terminschwierigkeiten aus dem Weg zu gehen und um mehr Unabhängigkeit von der Spielstätte zu gewinnen, erweitern die Kölner Haie ihre Optionspalette und beschreiten den Weg in die digitale Welt. Der ehemalige Ankermieter der LANXESS arena plant, Heimspiele statt in der Arena auf Eis regelmäßig auf Konsolen auszutragen. Der Livestream soll über Twitch gestreamt werden und so neue Kunden- und Partnerkreise erschlossen werden.
Nach dem Saisonaus im Viertelfinale gegen die Adler Mannheim wurden auf der Haie-Geschäftsstelle an der Gummersbacher Straße Nägel mit Köpfen gemacht. Gestern wurden erste Kaderentscheidungen bekannt gegeben, am Sonntag ist die Saisonabschlussfeier. Den heutigen Samstagmorgen nutzen die Kölner Haie für ein Presse-Meeting, auf dem das neue, „hybride“ Heimspielkonzept präsentiert wurde.
„Wir sehen die Umsetzung des neuen, ‚hybriden‘ Konzepts mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, macht Haie-Geschäftsführer Philipp Walter gleich zu Beginn der Veranstaltung klar: „Grundsätzlich sehen wir unsere Wurzeln noch immer in dem Sportevent und der Liveaction in den deutschen Arenen. Unsere Fans sind extrem wichtig für die Kölner Haie. Aber die Gegebenheiten in Köln, die uns in der letzten Saison bereits zwischen dem 29.01. und 05.03. neun Auswärtsspiele in Folge bescherten und aufgrund der berühmt-berüchtigten Helene Fischer-Konzerte fast zum Ausweichen nach Krefeld bewegt hätten, zwingen uns dazu, uns umzuorientieren. Jetzt wollen wir aus der Not eine Tugend machen.“
Für ein Umdenken sorgte die enorme Attraktivität von digitalem Content des KEC, der sich in gewaltigen Nutzerzahlen ausdrückte. So sind die Kölner Haie seit vielen Jahren europaweit führend im Bereich Social Media.
Gernot Tripcke, Geschäftsführer der Deutschen Eishockey Liga, erklärt den lange geplanten Einsatz von „Testballons“ für den Ernstfall, der nun eintreten soll: „Wir als DEL sehen die Spielstätte ‚LANXESS arena‘ seit Jahren mit ambivalenten Gefühlen. Vor allem seitdem die Arena mit dem Madison Square Garden in New York um den Platz 1 aller Arenen weltweit konkurriert, schwindet die Bedeutung der Kölner Haie für die Arena stetig. Daher haben wir seit Jahren Versuche gestartet und auf eine digitale Lösung hingearbeitet. Seien wir doch mal ehrlich: Die e-Sportliga ‚eDEL‘ interessiert natürlich niemanden. Aber sie wurde nicht grundsätzlich abgelehnt. Aber jetzt wenn der reale Spieler den Controller in die Hand nimmt, also ein hybrides Erlebnis erzeugt wird, dann wird es interessant. Unter einem hybriden Spielplan verstehen wir die Mischung von realen und digital ausgetragenen Spielen der gleichen Spieler im Rahmen einer DEL-Saison. Sollte sich das Konzept in Köln als erfolgreich herausstellen, werden wir es an allen DEL-Standorten umsetzen.“
Als Testballons für die Pläne bestätigte Tripcke etwa die Umfrage „Dein perfekter Spieltag“, die abschließend klären sollte, ob den Fans bei regelmäßigen digitalen Spieltagen etwas fehlen würde. Auch die Haie sendeten solche Testballons, indem sie etwa überprüften, ob durch die Haie-Fans der Wegfall von haptischen Elementen (z.B. dem Spieltags- bzw. Monatsmagazin) anstandslos akzeptiert werden würde. Im Gegensatz dazu waren die mit großem Aufwand produzierten Videoclips auf absolutem High-End-Niveau unerwartet erfolgreich. Eine rennomierte Kennerin des Kölner Eishockeys fasste bereits vor Jahren zusammen: „Bei den Kölner Haien scheint das Drumherum wichtiger zu sein als die Leistung auf dem Eis.“
„Wir haben mit der Einstellung von Konstantin Westenhoff im Dezember eine Schlüsselposition im Bereich Medien/Digitalisierung exzellent besetzen können. Er wird in der kommenden Saison in Vollzeit die aufgrund von Terminschwierigkeiten kurzfristig in die digitale Welt verlegten Spiele organisieren und koordinieren“, führt Walter weiter aus.
In der nächsten Saison werfen neben der obligatorischen lachenden Kölnarena (06.01. bis 11.02.2024) noch eine Handball-Europameisterschaft und rund 300 verschobene Konzerte aus den Jahren der Corona-Pandemie einen langen Schatten auf die Saisonplanung des KEC und warten darauf gespielt werden zu können.
Eine scheinbar ausweglose Situation, die letztlich aktuell darin mündet, dass noch kein neuer Vertrag mit der Arena für die kommende Saison unterschrieben werden konnte. Die Kölner Haie stehen also zurzeit ohne Spielstätte für die kommende Saison dar.
Die Lösung liegt für die Kölner Haie nun in der digitalen Austragung der Spiele, welche eine maximale Flexibilität seitens des KEC garantiert. „Wir werden relativ kurzfristig den ‚Schalter umlegen‘ und von einem Spieltag in der Arena auf einen digitalen Spieltag wechseln können, falls die Arena Superstars wie Sascha Grammel kurzfristig die Option von zwei bis acht Zusatzveranstaltungen anbietet und wir zurücktreten müssen und nicht spielen können.“
Vom digitalen Spieltag erwartet der Kölner Eishockey-Club einen entscheidenden Impuls in den Vertragsverhandlungen mit der Arena. Die Lösung erlaubt sowohl den Haien zu spielen, als auch der Arena anderweitige Veranstaltungen durchzuführen.
Wie aber soll der „digitale Spieltag“ konkret ablaufen? „Die Wahl der Konsole überlassen wir dem Gegner“, so Walter: „Wir haben für alle gängigen Varianten absolute Experten in der Mannschaft, die seit Jahren jede freie Sekunde für das Training nutzen.“
Für die Haie bietet das neue Konzept auch eine Lösung für eines der Grundprobleme der Sportart: Der anonyme Spieler, der für den Laien unter den Helmen und aufgrund der schnellen Wechsel kaum zu erkennen und so nicht zu vermarkten ist. Durch die Übertragungen bekommen die Fans nun einen viel persönlicheren Zugang zum einzelnen Spieler.
Um den geschlossenen Verträgen gerecht werden zu können, mussten jedoch viele Schrauben gedreht und viele Gruppen überzeugt werden.
So soll der Streaming-Rechte-Inhaber „Magenta Sport“ als Ausgleich zu den wegfallenden Übertragungen aus der LANXESS arena Livestreams aus den Wohnzimmern der teilnehmenden Spieler senden. Diese Spieler werden mit Headsets ausgestattet sein, sodass die Übertragung eine völlig neue Blickweise auf die teaminterne Kommunikation erlauben wird.
Die Dauerkarteninhaber kommen natürlich nicht zu kurz: Unter den Dauerkarteninhaber werden Plätze auf der Couch der Spieler oder in der KölnArena 2 verlost, wo jeweils ein Spieler auf einer Leinwand auf dem Eis spielen wird.
Auch den Sponsoren wurden maßgeschneiderte Lösungen angeboten: In den Wohnungen der Spieler werden die Fans so z.B. durch Produkte des Penny-Sortiments verköstigt oder können in der Küche der Spieler gleich selber mit den Produkten kochen. Die jeweilige Couch der Spieler wird durch von Stahlwerk geschweißte Sitzmöglichkeiten ergänzt. Toyota bietet im Rahmen eines Shuttleservices Probefahrten von Deutz zu der jeweiligen Wohnung des Spielers an.
Die eigentlichen Spiele sollen über Twitch gestreamt werden. Eine vielfache Multiplikation der Zuschauerzahlen wird erwartet. Über die Reichweite sollen die Haie dann auch deutlich attraktiver für neue Sponsoren werden.
Vorbild für den „digitalen Spieltag“ hierfür ist ausgerechnet Sebastian Uvira, der von seinem Wechsel nach Schwenningen in der Szene sehr beliebt dafür war, aus seiner Wohnung einen Live Gaming Stream anzubieten. „Sebastian war ein Visionär, dessen Expertise uns nun natürlich fehlt“, räumt Cheftrainer Uwe Krupp ergänzend ein: „Vielleicht haben wir ihn vorschnell ziehen lassen.“ Er wagt sogar einen Ausblick in die Zukunft, in der der hybrid-ausgebildete Eishockeyspieler sowohl auf dem Eis, als auch am Controller, zu Höchstleistungen fähig sein muss: „Es wird das Spiel definitiv verändern.“
Als Alternative zum „digitalen Spieltag“ soll auch die Suche nach einem Sieger im Rahmen eines Pokerturniers zwischen den Haien und dem jeweiligen Gegner diskutiert worden sein, für den Fall, dass die Arena keine weiteren Spieltermine zur Verfügung stellen kann. „Wir behalten uns diese Option ebenso offen, wie auch die Möglichkeit, den Sieger durch ein Dart-Turnier zu ermitteln. Wir blicken sozusagen vom Eis der Arena aus in alle Richtungen, um spielen zu können“, beendet Walter das Meeting.